Tagebuch 24. Oktober 2004
Spanien / Camino de Santiago


ein stetiges auf und ab / konzerte die apèrozeit
wir konnten diesen morgen hantieren wie wir wollten, hatten wir doch den ganzen stock für uns.. nicht die übliche platznot, nein, platz zum versauen.. das wetter sah nicht gerade toll aus und wir verpackten uns sicherheitshalber in die regenjacken und den rucksack in die hülle. die jacke konnten wir aber glücklicherweise bald wieder abziehen und wir wanderten den camino entlang.. ein stetiges auf und ab, dass sich den ganzen tag weiterzog!

heute fühlte ich mich viel fitter und besser. wieder querten wir diverse dörfer und schöne passagen. die landschaft änderte sich wieder etwas. es sah zum teil aus wie im busch! eukalyptusbäume machten das ihre zum exotischen outlock! wir waren sehr überrascht, dass wir wieder den ganzen morgen den camino für uns hatten! wo sind wohl all die leute hin? wir hatten einfach mal wieder glück.. auch mit dem wetter.. wir waren immer noch trocken, bei den wolken nicht selbstverständlich..

vor dem ersten kaffe-stop durchquerten wir ein dorf mit den wohl musikalischsten hunden der welt, oder zumindest spaniens, oder caliciens oder was auch immer.. anstatt zu bellen jolten die vierbeiner der ganzen gemeinde in allen nur erdenklichen tonlagen und summierten so zu einem riesen konzert. so was hab ich noch nie gehört!!

nach dem kaffe und weiterem wandern durchquerten wir eine stadt, die an hässlichkeit bis jetzt noch nicht übertroffen wurde! es war noch sonntagsmarkt und ein reisen durcheinander. so viele leute und irgenwie einfach eine negative stimmung da. wirklich, ein drecks-kaff (wie gudi zu sagen pflegte ;-).. nur raus hier war die devise und meine nerven waren angespannt wie glaub noch nie auf dem camino! wegen schlecher beschilderung war das gar nicht so einfach. ich stiftete fredel an, 2 alte leute nach dem weg zu fragen und dies war grad die wende ins gute! sie erklärten uns genau wohin, was wie und wo und waren dabei so nett und offen.. das war grad ein aufsteller! so waren die negativ vibs grad wieder verflogen. der mann sagte uns auch noch, dass der regen bald kommen würde und er behielt recht. kurz vor dem nass legten wir noch einen kurzen mittags stop ein und verköstigten uns.

dann gings im regen und starkem wind weiter, was uns natürlich nicht abhielt, die nächsten 100 hügel und täeler zu durchwandern ;-) ein auf und ab und auf und ab.. es ging durch schöne wälder und dörfer, an feldern und eben: hügeln entlang..

mal ein paar sachen, die uns in spanien aufgefallen sind:
- ein kunstvoll verziehrter zaun ums haus scheint wichtig!
- eine auwändige, besser weisse, hauseingangs-tür mit gold beschlägen ist en vogue!
- die autos sind sehr neu und gepflegt, auch in den abgelegensten dörfer.
- in jedem dorf hat es zumindes eine baustelle. es wird aber häufig nicht fertig gebaut (bekommt man subventionen während dem bauen?)
- es hat viele hunde, die sind aber extrem friedlich
- es wird bei den städten urbanisiert was das zeug hält (reihen-häuser..)
- die spanier scheinen wirklich stil zu haben.. wenn etwas hergerichtet ist, dann wirklich schön!!
das sind so eindrücke die wir aufgenommen haben.. sicher noch viele andere, diese kommen mir grad in den sinn.. aber das würde ein spanier sicher alles anders sehen ;-)

wir wanderten heute 29 km und checkten wieder in einer herberge ein.. in einem alten steinhaus, wirklich schön gemacht. bald sassen wir in einem kaffe und genossen eine kleine vorspeise ;-): je 2 muffins und 2 kaffe und je einen martini und eine cola (das kostete mal wieder ein vermögen, 8.90 euro.. und die martini waren wieder gut 2 dl gross).. mhhh.. uns gehts gut.. draussen schüttete es was das zeug hält! wirklich wolkenbruchartig.. gut schon geduscht und in trockenen kleidern zu sitzten..

danach genehmigten wir uns ein 10 euro menue und genossen jeden bissen! wieder 3-gänger mit wein und brot! das unglaubliche an diesem abend: ich hab mir das erste mal in meinem leben ein ganzes formel 1 rennen im fernsehen angeschaut!! sogar beim essen sassen wir beide auf der gleichen tischseite um den schlusspurt anzuschauen!! gibts ja nicht ;-))) abe war spannend.. muss ich zugeben..

zurück in der schönen herberge fand ich leider praktisch keinen schlaf. es hatte bodenheizung (das konnten wir fast nicht glauben, normalerweise wird überhaupt nicht geheizt, und wenn, dann mit heizkörpern..) und wir waren uns die wärme wohl nicht mehr so gewohnt! ebenso unterhielt uns ein schnarchkonzert die ganze nacht.. aber was solls..

Die heutige Etappe ist eigentlich,trotz ihren
29 Km in kürze beschrieben.
Man stelle sich vor, das Emmental, statt Linden auf den Hügeln, Eucalyptus und Eichen um die höger, ziemlich heftige Regenschauer - zum glück erst ab dem Nachmittag - und man wandert einen hügel hoch und auf der anderen Seite wieder runter, und das mehr oder weniger den ganzen Tag.
Gut es gab auch einige highlights.

Angefangen mit dem,wie schon beschrieben guten Wetter am Morgen. Wir hatten uns schon in der Nacht - als wir uns am entscheid drinnen zu schlafen erfreuten da es draussen bogennen hat zu schütten - auf einen Nässetag eingestellt.
Im weiteren konnte ich mich heute dazu aufraffen, neben der ersten Bar, die notabene erst nach eineinhalb Stunden kam - vorbeizuziehen. Dies jedoch unterstützt von der Tatsache,dass dieser halt,sämtlichen Peregrinos welche vor uns aufgebrochen sind als Frühstücksplatz diente, und ziemlich überfüllt aussah.

Zwei Dörfer weiter kam ich doch noch, in einem vorraum zu einer Wohnung, welcher als Bar ausgebaut war zu einem Kaffe. Obwohl uns während dieser Pause schon wieder einige Pilgerer überholten, waren wir heute auf dem ganzen Camino erstaunlich alleine.
Ausser in Melide, wo gerade Sonntagsmarkt war, und sich - so schien es - halb Spanien versamelt hatte.

Hier stiessen auch wieder einige Partiellpilgerer hinzu welche eilends vor dem Wochenende schluss noch einige Kilometer abzuspulen hatten. Wir liessen uns nicht beirren, wanderten in unserem Tempo, folgten einmal dem Wink eines telefonierenden Pilgerers in ein kleine Kirche, nahmen etwa 5 min. an der Messe teil und verschwandendann unauffällig wieder. Mittagspause machten wir, abgehärtet wie wir bereits sind, trotz schlechtwetter vorzeichen auf einem Picknickplatz, und just zum dessert kam der grosse Regen.

Auf dem weiterweg gings nicht lange, und unsere Schuhe waren wieder durchnässt. Aber wir schritten unermüdlich Anhöhe rauf sowie Anhöhe runter, lachten nochmal über das jaulkonzert, welches uns einige Dörfer vorher sämtliche Hunde der Umgebung vortrugen, und waren beide zeimlich überrascht, als um halb drei auf einer Hinweistafel schon etwas von Arzua 2km ( unser erklärtes heutiges Etappenziel ) geschrieben stand.

Wäre nicht die nächste Herrberge nicht 15km entfernt gewesen, wären wir sicherlich noch etws weitergegangen, aber nun sind wir gar nicht böse, frisch geduscht Füsse bereits massiert, im Schlafsaal mit fussbodenheizung einquartiert zu sein.
Wo andere Pilger immer noch triefend vor nässe durch Arzua der Herrberge zu marschieren, sitzen wir längst im Cafè bei Cortado und Muffins, genehmigen uns in der Euphorie gleich nochmal eine zweite Runde, um diesen Tag leichter niederschreiben zu können.
Zur Feier dass wir nun schon alles Notiert haben, leisten wir uns gleich noch einen Martini zum Apero, haben schon das Gefühl dass wir uns finanziell völlig übernommen haben, werden aber mit einer Cuenta von 5.45€ beruhigt, und gehen jetzt lieber noch ein Pilgermenue reinhauen, dass wir dann Morgen auch genügend Energie bis zum Berg des Glücks haben, wo die Kathedrale Santiagos zum erstenmal zu sehen ist, und wir gedenken unser nächstes Nachtlager aufzuschlagen.

Die Fotos und Videos vom heutigen Tag findest Du in der Fotogalerie!



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