Tagebuch 22. Oktober 2004
Spanien / Camino de Santiago


die sind nett die galicier / s'gotti hät kei ahnig! die gediegenheit
der wecker machte sich um sieben uhr bemerkbar und ich schaute in den himmel rauf. noch die schönste sternennacht!! das musste ich noch etwas einwirken lassen. ca 10 sternschnuppen später, standen wir auf und packten unsere feuchten sachen in den rucksack.

es geht zurück auf den camino. nach so einem schönen start in den tag war ich etwas verblüfft, dass ich leicht mötzig drauf war.. aber das solls mal geben. auch mein körper lief nicht in hochform auf. nichts desto trotz, ich genoss den weg.. wir waren für uns und der camino führte uns mal wieder durch weiler, an grünen wiesen vorbei, durch geniale wegpassagen, die auch bach waren, unter riesen bäumen durch usw.. auch hatten wir noch einen morgenschwatz mit einem bauer und wir finden bis jetzt die galicier gar nicht so seltsam, wie sie überall beschrieben wurden.

den morgenkaffe nahmen wir in einer bar ein, in der dann noch weitere pilger eintrafen, die eine andere route gegangen waren. es war also fertig mit der ruhe. ein gutes gespräch mit einem deutschen, der uns übrigens noch bat, ein paar zeilen in sein buch zu schreiben, und das gegröle eines spaniers, machten alles aber eher witzig als mühsam.

weiter gings durch eine kleinstadt, wo wir vergeblich nach einem supermercado ausschau hielten. also weiter des weges.. heute ist wirklich der tag der vielen kleinen dörfer und weiler. immer wieder interessant zu sehen, wie einfach die leute hier leben. das wetter ist windig, aber recht schön. also beschliessen wir schon bald, wieder draussen zu schlafen! was für eine vorfreude!! so stand also noch vorräte auffüllen auf dem program. hatten wir doch über den mittag all unsere reste weggeputzt. das war aber in den kleinen orten gar nicht so einfach.. mit viel überredungs-geschick von fredel und ein wenig glück kamen wir immerhin auf 2 sandwich, ein stück brot und chips!

wir haben heute auch noch die 100 km bis santiago-grenze überschritten.. irgendwie gehts schnell jetzt.. ich bin verblüfft, dass für mich das ziel gar nicht so wichtig ist, auch jetzt wo's näher und näher kommt! wir gehen und gehen, schritt für schritt, tag für tag dem camino entlang, und genau so muss es sein! die vorstellung, dass in 4-5 tagen fertig ist.. kommt mir sehr komisch vor.. irgendwie fast falsch.. ich freu mich natürlich auf's matzmobil.. aber irgendwie ist jetzt noch camino angesagt, uns sonst nichts.. wir geniessen also weiter den weg nach santiago! ich hätt mir wirklich vorgestellt, dass man gegen den schluss nur noch das ziel vor augen hat, in unserem fall ist das nicht so! am eiltempo anderer zu urteilen, geht es vielleicht nicht allen gleich.. aber jeder auf seine art!!

wir haben einen genialen nächtigungs platz gefunden, auf einer riesen wiese, sieht aus wie eine alp.. etwas weg vom weg, hinter steinen und felsen.. wirklich wunder wunder schön und der totale frieden (hoffentlich bleibts so ;-).

der frieden blieb!! wir genossen es in vollen zügen!! wir hatten noch ein telefonat mit der schweiz und ich wurde von supperwurm aufgeklärt: 1. ist sie kein supperwürmli (wie sie sagt), sonder ein delfin! und 2. dass ihr geschenk keine maus ist sondern ein DIDDEL!! (das gotti hät ja kei ahnig!!).. ich musste grinsen und vermisse sie also wirklich!!

es wurde eine wunderschöne nacht, trotz starkem wind! wünsche hatte ich auch diesmal wieder zur genüge offen!!

Abgesehen davon, dass man früh morgens
- der Wecker läutete um 07:00, aufgebrochen wurde jedoch wegen Stockdunkelheit erst um 08:30 - aus der kuscheligen wärme des Schlafsackes raus musste, gestaltete sich der heutige Tag respektive der Camino heute recht gediegen. Der Morgenspazierpilgergang führte uns vom Alto wieder hinunter, durch Weiler, kleine Dörfer und inzelne Bauernhöfe.
Bei so einem, war der Bauer recht verblüfft, dass wir schon so früh hier auftauchen, da die meisten Leute mindestens 4 Stunden vom letzten Dorf bis zu seinem Gehöft brauchen.
Ich konnte ihn beruhigen, und ihm klarmachen, dass wir auf dem Alto unter dem Sternenhimmel geschlafen haben, und dieser Platz nur eine knappe haleb Stunde von hier sei.

Kurz vor dem Städtchen wo wir vorhatten unsere Vorräte nochmal aufzustocken
-es sei vorneweg genommen, dass uns das nicht gelang, weil es entlang des Weges einfach nicht's hatte - machten wir einen kurzen Morgenkaffe Stop. Nach und nach kamen die Pilgerer an, welche gestern den anderen Weg über ien altes Kloster nahmen. Auch ein Deutscher den wir schon vorher mal gesehen haben, outete sich endlich als Deutschsprechend, nachdem wir nun zwei oder drei Tage immer englisch miteinander gesprochen haben. Peter so heisst er, bittete uns, etws in sein Begegnungsbuch zu schreiben, und auch wir erhielten von ihm etwas auf den Weg. Obwohl er es einem anderen Pilgerer sagte, konnten wir auf dem weiteren Weg noch lange darüber sinnieren, was wohl der tiefere Sinn seiner Aussage war:

"don't push the river "

Der Camino wechselte mal wieder sien Gesicht. Die, zwischen den Bauernhöfen und Weilern, mit Steinmäuerchen abgegrenzten Felder, sehen nun aus wie kleine abgesteckte Gärtchen und erwecken den Eindruck als würde man durch England wandern. Wieder mal in einem alten abgelgenen Dorf, staunt eine alte Frau über meine Suunto Uhr, welche ich am Rucksack befestigt habe, sichtet auch noch Schnines Uhr am Handgelenk, und kriegt nur noch ein " que grande " über die Lippen...

Die Mittagspause verbringen wir mit der Auswahl des Damenturnvereins Santo Domingo wer weiss noch was, und wir habens wirklich lustig mit den 5 spanischen Hausfrauen, die wir seit den letzten drei Tagen auch schon immer wieder gesehen haben.
Da wir heute noch kein Tienda = Laden gefunden haben, mussten wir unsere z'Nacht ration von zwei Bocadillos con Jamon in einer Bar erstehen, und waren dementsprechend froh, dass wir uns nicht hungrig in die Schlafsäcke kuscheln musten.

Kurz nach diesem minieinkauf, führten uns unsere - bereits gut ausgebildeten - Schlafplätzli Spürnasen auf eine, leicht vom Camino erhöhte Wiese, abgeschirmt von einigen Fichten und Felsblöcke, etwas vom Wind geschützt, sprich zu einem genialen Schlafplätzli.
Es sei vorneweg genommen, dass dies unsere letzte Nacht unter freiem Sternehimmel sein wird.
In trauter Gediegenheit feiern wir hier nun den Anbruch der letzten 100 km bis Santiago, und wir sind überzeugt, dass dies nicht das Ende unseres Weges sein wird...

Die Fotos und Videos vom heutigen Tag findest Du in der Fotogalerie!



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