Tagebuch 20. Oktober 2004
Spanien / Camino de Santiago


we do it the hard way! camino duro. die kastanienzeit
heute waren wir früh auf dem camino und irrten durch die stockdunkle stadt. zwei kleine miitzekatzen hellten mein gemüt schon unheimlich auf und auch der himmel wurde heiter. so beschlossen wir, den camino duro zu machen. steil aber geil ;-) es gäbe auch noch die variante der strasse entlang.. aber nach gestern, wollten wir lieber etwas mehr höhenmeter als strasse! wir waren wohl die einzigen die so dachten.. sahen wir doch keinen menschen auf dieser strecke. wir bereuten aber nichts!! wir wurden für die mühen belohnt!!

zuerst gings wirklich steil rauf und wir genossen das erwachen des tages. wir wanderten durch kastanienbaum-aleen und an büschen entlang.. ein genialer weg!! und was sich dann am himmel abspielte war der hammer. der wind trieb wolken im eiltempo über den himmel, regenbogen die sich mehr als halbrund über uns bildeten, von der morgensonne angeleuchtete gelbe wolken, ein stetiger wechsel, unglaublich schön und eindrücklich. wir sind glücklich hier oben ein teil des ganzen zu sein, nicht unten im tal der ein bestandteil des strassenverkehrs. ein riesen strommasten singt uns ein bedrohliches lied! es bläst was das zeug hält. der weg verflacht sich etwas und folgt dem bergrücken entlang. und immer wieder die liebes-regenbogen, die uns anlass für kuss-sessions geben.. wirklich ein gelungener morgen!

irgendwo machen wir noch eine riegel-ess-pause und es geht weiter dem berg entlang. dann geht der weg durch riesige marroni-baum-heine. fredel spricht noch eine familie an, die am einsammeln der braunen früchte ist. die frau erzählt uns mit stolz, dass ihnen 10 bäume gehören, und dass sie die ganze ernte an eine person verkaufen kann.

dann setzt plötzlich der regen ein! und wie! wir schaffens noch knapp in unsere regenkleidung und dann gings los. regenbänder zogen über uns weg und wir waren in minutenschnelle "flutsch-nass". aber wir sind ja schliesslich ausgerüstet. o.k., zugegeben, meine dünnen regenhosen sind für solche regen-stürme nicht ausgelegt und schützten nicht wirklich vor dem horizontalen nass. weiter durch die kastanienwälder sahen wir überall, meist alte, leute die marroni einsammeln.. ein harter job! das gewicht trägt dann jeweils ein esel ins dorf zurück. wir fühlen uns in einem anderen jahrhundert und sind dankbar so eine ernte erlebt zu haben! wir werden überall gegrüsst und eine alte frau zeigt uns noch eine abkürzung.

dann gehts den den berg runter und wir kämpfen gegen die wettergewalten. man fühlt sich so klein auf der welt.. wir sind eigentlich nichts.. das wird einem mal wieder so richtig bewusst, wenn man die kraft der natur spührt! am bergfuss angekommen fanden wir keine bar in dem dorf, also weiter des weges.. in einer stunde sollte noch ein dorf kommen. wir werden sehen. wir haben gelernt, sich auf nichts zu verlassen ;-)

nach knapp einer stunde hält der regen inne und es reisst auf, von einer minute auf die andere. hatte es vor 10 minuten noch gedonnert und geblitzt.. jetzt war alles vorbei.. wir trauten dem nicht so ganz und machten stop in der nächsten bar. ein wahnsinn der tag!! schon vor mittag so viele eindrücke!!

weiter des weges wechselt das wetter im minuten takt und der wind treibt blätter in den himmel. es geht durch diverse lange dörfer und unsere füssen gehen und gehen! die zeit geht auch wieder rasch um und schon bals gehts wieder aufwärts. wir passieren ein altes dorf und dann gehts den legendären pilgerweg rauf. so muss es vor vielen vielen jahren schon ausgesehen haben. wenn man bedenkt, dass früher wohl alle wege so waren. unglaublich was die pilger da geleistet haben!

wir geniessen die schöne passage und machen noch mal stop für schoggi und brot irgendwo unter den bäumen, am wegrad. es grenzt an ein wunder, dass wir beide keine einzige kastanie auf den kopf gekriegt haben. fallen doch diese bei dem starken wind runten in massen. es geht weiter..

vor dem nächsten bergdorf kommen uns noch rinderkinder, hunde, schafe und ein pferd entgegen und wir machen freiwillig platz für sie auf dem schmalen weg. die rinder hier sehen alle wohlgenährt und schön aus. auch haben praktisch alle noch die höhrner. wirklich schöne kühe!! gudi hätte diese begegnung wohl nicht so genossen ;-)

im nächsten dorf angekommen meint eine alte frau, vor ihrem wunderschönen haus, dass das wetter verückt spiele! sogar die katzen hätten angst und der wind sei stark wie nie und lasse alle äpfel und kastanien runterfallen! ok, ich hab ja nichts verstanden, aber gemäss fredel gings etwa um diese sachen. sie warnte uns noch, aufzupassen wenn wir wirklich noch weitergehen wollen.. machen wir doch.

ich finds heut einfach genial! der tag ist lang aber er gefällt mir extrem. so nah an der natur und an den leuten!! wir nehmen die letzte etappe unter die füsse (danke liebe füsse, wir hatten übrigens auf dem ganzen camino keine einzige blatter, warscheindlich schätzten sie unsere abentlichen massagen!). es hat windböhen, die uns manchmal fast vom weg fegen! das wetter zeigt sich heute wirklich von der eindrücklichen seite! uns gefällts und wir pressen uns manchmal gegen den wind und fallen nicht um.. auch um eine erneute regen-dusche kommen wir nicht rum. aber was solls!

wir überqueren die grenze zu galicien und wir findens einfach genial, hier in den bergen. manchmal gehen wir mit rückenwind.. das heisst heute: einfach fuss vor fuss setzten, der rest macht der wind! unglaublich. nach 30 km und einigen höhenmetern, haben wir das bergdorf o cebreiro erreicht und haben in der sehr engen herberge eingecheckt. nach duschen, massieren, stretchen (das heute sehr wohl nötig war.. nach so vielen stunden hart core wandern) fanden wir im dorf eine schöne bar und machten es uns vor dem feuer gemütlich!! das tut gut. da genehmigen wir uns doch spontan einen drink! sind wir glückspilze!!

heut haben wir definitv keine lust auf herbergen leben und hoffen, irgendwo etwas essbares in einem restaurant zu finden. das dorf ist aber wirklich klein, und so unser vorhaben vielleicht gar nicht so einfach. zuerst besuchten wir noch die kirche. wieder eine schlichte, schöne kirche, wir hatten die völlige ruhe!

danach fanden wir das gewünschte lokal und konnten in den schönen, alten gemäuer ein pilgermenue für 8 euro einnehmen. das heist im klartext: eine riesen platte pasta zur vorspeise, 2 cotlettes (für jeden) und pommes zur hauptspeise, dessert, eine flasche wirklich guten wein und ein riesen korb voll bestes brot!! uns gehts gut! das war ein wirklich genialer tag und abend.. übrigens.. es regnete noch in strömen bis in die nacht rein.

beginnt normalerweise im Herbst, und der Herbst ist nun, wenn nicht schon lange, heute definitiv ausgebrochen. Beim verlassen der Herrberge schlägt uns erstmal ein warmer Wind entgegen, und keine 300m weit gekommen, gleich am fusse des Camino duro entledigen wir uns schon mal unserer Regenjacken. Dann steigt der Weg an, steil für gut, aber auch schön für gut.
Der ursprüngliche Camino würde eigentlich der Strasse entlang führen, aber wir sind er Meinung, dass sich die paar Höhenmeter sowie die Stunde Umweg lohnen, und das tut es auch.

Auf dem Hügelrücken angekommen, scheint uns die Sonne auf den Rücke respektive die Rucksäcke, taucht die Hügellandschaft um uns herum in ein wunderbares Licht, und der Wind treibt uns einen gewaltigen Regenbogen vor die Augen. Dieser ist fast kreisrund, passt genau über die Hüglkuppe welche wir gerade beschreiten.
Einige Minuten später ist vorbeit mit Farbenschauspiel, und der orkanaritge Wind beschliesst, uns zu einer Wolkenbruchartigen Dusche zu verhelfen.

Aber wir sind ja nicht aus Zucker, und unsere Ausrüstung erst recht nicht.
Wir Wandern durch Kastanienwälder, wo die Einwohner eines wie es scheint längst ausgestorbenen Dorfes, am Kastanien sammeln sind. Abtransportiert werden die schweren Säcke mit Eseln oder Maultieren.
Die Wälder scheinen gut aufgeteilt zu sein, denn eine Sammlerin die ich frage meint voller stolz, dass 10 Bäume ihr gehören, und dass sie nicht mal selber zum Markt fahren müsse, da sie alles einer einzigen Frau verkaufen könne.

Weiter geht unsere Wanderung, unterdessen wieder talwärts, aber immer noch begleitet von Sturzbächen. Längst sind unsere Schuhe durchnässt, und sogar unsere Paclite Jacken lassen an den Druckstellen langsam aber sicher etwas nässe durchsickern.
In kürze haben wir sämtliche, mühsam erkämpfte Höhe wieder vernichtet, und sind nun doch noch einige Kilometer auf Asphalt und befahrene Strasse verbannt.

Nach einem kurzen Kaffehalt auf der hälfte der heutigen Strecke, führt uns der Camino dann doch wieder auf Bergsträsschen und hohlgassen welche eher einem Bachbett gleichen als einem Pilgerweg.
Wieder werden wir von orkanartigen Windböen begleitet, welche mit Regenschauern durchmischt sind. Wir können von Glück reden , wurden wir während der Mittagspause nicht von den zu tausenden, von den Böimen nöimen fallenden Kastanien erschlagen. Wir wollen das Glück nicht herausfordern, und steigen den Weg weiter an.

Beim nächsten Dorf klagt mir eine Alte Frau das Leid von el Aire = von der Luft wie sie es nennt, es luftet so stark, dass alle Früchte von den Bäumen fallen und die KAtzen sich vor Angst verziehen müssen....... Sie werdens überleben denke ich.
Wir kämpfen uns die letzten höhenmeter und streckenkilometer durch Kuh und Schafherden durch, und erreichen wie könnte es anders sein mit einem ausgiebigen Regenschwall
O Cebreiro unser heutiges Etappenziel.

,Schnell sind wir im Hospidale del Peregrino, welche übrigens hier in Galicien alle Gratis sind, einquartiert und genehmigen uns nun in einer Bar vor dem Chemine einen weissen Martini zum Apero, und hauen uns dann nach dem schreiben ein Pilgermenu rein...

Die Fotos und Videos vom heutigen Tag findest Du in der Fotogalerie!



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