Tagebuch 05. Oktober 2004
Spanien / Camino de Santiago


trostlos die trostlosigkeit
die heutige tagesetappe ist lanschaftlich nich wirklich schön, das vorab. auch mit der hitze hatte ich wieder zu kämpfen..

der tag beginnt an unserem schönen nächtigungs-plätzli, di sonne bahnt sich langsam durch.. es ist noch angenehm kühl als wir losgehen. am morgen wandern wir irgendwie zu schnell, aber die lanschaft lenkt uns heute definitiv nicht ab.. wir queren unschöne dörfer, industrieanlagen und gehen strassen entlang. irgendwie ist heut alles zielgerichtet! nich der weg zählt, wie es sein sollte, nein.. das ziel ist wichtig..

wir gönnen uns in einem kaffe einen frisch gepressten orangensaft und das menue 1. die aktion mit ruchsack anziehen und losgehen ist heut irgendwie etwas verkrampft.. aber wir lassen usn nicht abhalten.. später an einem see machen wirm ittagsrast und meine füssen findens super toll! weniger schön finden sie es jedoch, als ich wieder die schuhe anzog und wir weiter des weges gingen. wirklich, heute leide ich mich einfach.

nicht mal die vorfreude auf eine dusche motiviert mich speziell. wir taschen noch je einen schwank aus dem leben aus, aber auch so geht die zeit nur schleppend um. einen teil des weges, der autobahn entlang, ist mit einem drahtzaun abgegrenzt. an diesem zaun sind hunderte von kreuzen aus holz, alufolie, grashalmen und so weiter angebracht.. warscheindlich mussten sich hier auch andere irgendwie aufbauen und ihren glauben stärken..

dann lagen wir bald das erste mal in einer herberge, frisch geduscht, alle kleider gewaschen.. und ich war froh, dass wir normalerweise unter dem sternenhimmel schliefen.. meine ohrstöpsel werden sicher zum einsatz kommen diese nacht. aber vorerst freuten wir uns mal auf's znacht.. gudi lädt uns ein! auch hoffe ich auf einen besseren tag morgen.. mal schauen.

wir nehmen einen apero in einer neuen irischen bar und lassen uns grad noch den tip geben wo zu dinnerien.. ein guter plan. wir schlagen im vollgenuss unsere bäuche voll. wie schön es doch ist im restaurant!! grad ein andere welt.. gudi ist mein tagesheld! DANKE!

zurück in der herrberge, sprich vor 22.00!! (nachher ist geschlossen), finden sich nach und nach alle im zimmer ein. das licht brennt, aber das scheint normal zu sein.. einer löscht dann mal ab und wenig später nerv ich mich ab meinen ohr-stöpseln.. die funktionieren nicht!! stöpsel raus und dann offenbart sich meinem gehör etwas unglaubliches!!! das schnarchen wurde diese nacht neu definiert!! unglaublich zu was ein mensch fähig ist!! meine stöpsel waren also sehr wohl o.k... aber nicht für diese dezibel-stärke ausgelegt.. wie sollte man auch annehmen, dass es so was gibt ;-)

die nacht verbrachte ich also mit dem versucht, den sägenden nicht zu hassen, und mit wc-besuchen. mein magen war wohl so viel gute chnäbis nicht mehr gewohnt ;-)

....holte uns ca. 1 std nach unserem Aufbruch im ersten Dorf ein. Das ganze passte irgendwie mit dem Erwachen zusammen, was von einem übermotivierten Pilgerer mit einer ziemlich falsch gepfiffenen Melodie übernommen wurde.

Viana ist der vielversprechende wohlklingende Name des Dorfes, welches nun aber definitiv das erste Kaff war, welches nicht nur verlassen sonder so richtig verwahrlost, also immer noch bewohnt aber einfach alles dem Zerfall preisgegebn, trostlos vorkam. Und diese Trostlosigkeit hat sich über den ganzen Tag hingezogen. Aus Viana raus über Äcker auf mühsamen Rundkieswegen, welche das Wandern mit unseren eh schon lädierten Füssen gleich nochmal erschwerte, und uns sogleichin die nächste Trostlosigkeit führte......

Wir wanderten nun direkt frontal diretissima auf die Industrie der nächsten und zwar grossen Stadt, Logrono zu. Idyllisch führt uns der Weg neben der Autobahn an der PApierfabrik vorbei über die vielbefahrenen Hauptstrasse mitten ins Kaff rein.
Endlich ein kleiner Lichtblick, eine Bar wo wir unsere Laune, die sich unterdessen dem Camino etwas angepasst hat, mit Cortado und einem frischgepresstem Orangensaft etws aufheitern können. Das Vitamin und KAfeeflash hielt genau mis mitte Stadt, danach war alles wieder verpufft.

Nicht mal die - für heute schöne - Naherholung zone konnte an den Fussbeschwerden, welche wegen des geteerten Weges nicht etwa weniger wurden, etwas ändern. Und wir kämpften uns alle drei, mit dem Ziel einer Herrberge mit Dusche einer Waschmaschine und mal wieder etwas warmem zu Essen, bis zur Mittagspause durch. Eine riesige Parkanlage an einem künstlichen See spendete uns den langersehnten Schatten und die längst verdiente Pause.

Hier heckten wir einen Plan aus, wie die letzten drei Stunden trostlosiglkeit zu verkürzen sind. Und so kam es, dass nach dem Aufbruch, jeder einen Schwank aus seinem Leben erzählte, was grundsätzlich ja interessant war, aber die Zeit und die Strecke nicht wirklich verkürzte.

Einmal mehr führt uns der Camino entlang der Autobahn, wo er sicherheitshalber mit einem Maschendrahtzaun etwas abgegrenzt wird.
Diesem Zaun entlang haben tausende von Pilgerer mit steckchen, hölzchen, gräsern, Alufolie und was sonst gerade noch so zur verfügung stand, Kruze in die Maschen geflochten, dieses Glaubensbezeugniss zog sich über mehrere hundert meter hin, und war wirklich imposant anzuschauen.

Von hier aus war's eigentlih cnur noch ein Katzensprung nach Navarete unserem heutigen Tagesziel mit Herrbergenstop.
Wobei auch das letzte Wegstück nicht wirklich locker von der Hüfte ging.
Gudis Ausbeute vom vierten Tag, die trostlosigkeit eines Hautausschlages vom Hüftgurt, Sonnenallergie sowie zwei undefinierbare Insektenstiche, d'Schine und meinen weh wehchen, schmerzende Füsse, Hitzestau, und Muskelverspannungen ect. Aber nach einer Dusche zählt das alles nur noch halb so viel, und bei mir ist - so unter uns gesagt - nach drei Cortados on the rocks eh alles verheilt, bis genau morgen früh beim ersten Schritt.....

Die Fotos und Videos vom heutigen Tag findest Du in der Fotogalerie!



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