Tagebuch 11. Mai 2005
Grande Francia / Afrika - Guinea, Conakry - Sierra Leone, Freetown


kurzhafenaufenthaltsrekord.. conakry ein- ausladen weiter nach freetown
der wecker hohlt uns aus dem schlaf. wääähhh.. bin extrem dankbar, muss ich nicht mehr jeden tag so geweckt werden :-). wir sind tatsächlich schon in conakry eingelaufen, der hauptstadt von guinea. sieht vom deck aus eigentlich auch recht einladend aus. ein hochhaus sieht eher wie ein geisterhaus aus, aber sonst.. hübsch. wir bringen also das frühstück rasch hinter uns und beobachten das treiben unten vom deck 13 aus. etwas ist anders.. alles viel schneller hier.. ein reges treiben. es stehen auch viele leute rum, aber die, die arbeiten geben vollgas.. wow! wir machen uns bereit für den landgang und kommen grad mal bis zur rampe. der chiefmate hat uns gesagt wir dürfen raus, die an der rampe winken aber ab.. die emigration war noch nicht da.. also no way to go. und wenn dann die behörde kommt, sollten wir schon wieder weg sein. alles ist auf - so rasch wie möglich den hafen wieder verlassen - ausgelegt. also pech für uns.

so bleibt uns von guinea nur der eindruck vom schiff aus.. und der ist ja wohl sehr wage.. die angaben im buch "länder dieser erde" (danke mami, wird immer und immer gebraucht..): ca. 7.5 mio einwohner, sprache franösisch, 95% moslems, importgüter: fahrzeuge (genau.. es werden so manche aus unserem schiffsbauch gefahren, nicht die neuesten modelle..), exportgüter: vor allem bauxit, das zur aluminiumgewinnung gebraucht wird. (ist nach australien der zweitgrösste bauxitexporteur), conakry ist die hauptstadt mit ca. 700'000 einwohnern. wir mussten uns also mit den 2 seiten des buches begnügen und dem blick von deck 13 aus. zusätzlich verbrachten wir dann grad noch etwas zeit an der rampe um dem treiben genauer zuzuschauen.

da kommen immer mal wieder ein paar schwarze mit kisten voller irgendwas vom schiff. gemäss einem philipino läuft das überall in der welt so (ausser in europa und japan). da kommen emigration, zoll, hospital, polizei, security und wer weiss noch wer vorbei und wollen etwas "geschenkt" bekommen.. es wird einfach verlangt und da muss man durch. anscheinend wird am suezkanal nur mit marlboro zigaretten "bezahlt".. andere länder andere sitten. hier tragen sie von wein über cola und zigaretten so mach verschiedene sachen raus. würde mich noch wundernehmen, wie das in der buchhaltung erscheint ;-)

vor unseren füssen wird ein ziemlich neuer kleinbus angehalten. dann gehts los: so ein luxusfahrzeug muss zuerst begutachtet werden, vor es von bord kann. es stehen sicher 20 einheimische leute drumrum, jeder beäugt alle 4 seiten, fast jeder versucht die geschlossene tür aufzuzerren, jeder gibt einen komentar und erwähnt auch nur die kleinste beule (zum glück checkt niemand das dach.. gemäss brüggers die dem treiben von oben zuschauen, hat es da eine riesen delle ;-), wo sind die fehlenden rückspiegel und überhaupt.. es vergeht sicher eine halbe stunde bis das büssli wegfährt. jeder hat sich irgendwas auf einen zettel notiert, was eher einfach ein paar zahlen oder so gleicht, jeder hat sicher 3x telefoniert und dabei ganz ganz wichtig getan!! wir müssen wirklich schmunzeln. wiso die zugekettete, grosse metallkiste im innenraum niemand interessiert hat?!? wer weiss was da drin war.. wir werdens nie erfahren.

das treiben im hafen geht unvermindert weiter. unser equipmentdriver fetzt mit den riesen ausladern in den schiffsbauch wie wenn er einen smart unter dem arsch hätte. unglaublich die präzision! ein einheimischer winkt sich fast die schultern vom leibe um sich uns als guide zu verkaufen.. aber wir dürfen eben nicht raus. gündlischwanders sind im hoch und plaudern mit den leuten vor ort.. schliesslich ist wieder französisch angesagt ;-). die meisten arbeiter hier sind super atletisch im körperbau. und gross sind sie auch noch grad, da sehen unsere philipinos aus wie "müsterli".

später von deck 13 aus beobachten wir noch die öffentliche toilette. da pisst jeder einfach ins wasser, was ja naheligend ist, dass dann aber das liebe (arme) geschlechtsteil noch mit dem dreckwasser aus einer halbausgetrockneten pfütze "gewaschen" wird.. das ist dann doch fast etwas zu viel ;-). da alle volleinsatz gezeigt haben können wir tatsächlich den hafen vor mittag wieder verlassen. das ist der absolute rekord!! die grimaldi crew hat es eilig afrika zu verlassen. sie können uns absolut nicht verstehen, dass wir überhaupt an land wollen an diesen destinationen..

zum zmittag gibt fisch bis zum abwinken.. der koch hat sich wohl eingedeckt mit meeresfischen und früchten. den nachmittag verbringen wir auf deck und geniessen die sonne. es schwimmt mal wieder ein hai-fisch vorbei, noch ein kleiner und dann noch sonstige grosse teile. sehen aus wie baracudas oder so.. gemäss fredel wohl eher egli ;-) das meer ist superflach heute und gibt uns so den blick frei auf unzählige, riesige fischschwärme!! ein extrem eindrückliches bild!! millionen fischli müssen das sein. irgendwie ist es für mich fast nicht vorstellbar, das da, in dem vielen wasser ebenso viel leben ist.. eine welt für sich, unter der wasseroberfläche.. wir kriegen manchmal einen kleinen einblick, aber das grosse treiben ist da unten, überall, ausserhalb unseres sehbaren bereiches.. ich komm mir ganz klein vor bei dem gedanken (was ja auch wirklich so ist.. der wasser-teil auf der erde ist ja eh viiel grösser als der land-teil..).

das für uns grosse schiff "isch nur äs chlisäs pünktli..." auf all dem wasser! ich schwelge in gedanken und versuch dabei den halben jogasitz weiter zu verbessern.. fredel ist der hitze entflohen und kommt erst bei der einfahrt nach sierra leone wieder rauf. nun ist es soweit.. wir kommen nach freetown. wir haben mal einen bericht im geo gelesen (wirklich!) über diese stadt. zustände wie im wilden westen, der stärkere gewinnt, drogenbosse regieren mit waffengewalt usw. wirklich der pure horror. dann haben wir im schiffsbauch noch 130 alte steyr militärfahrzeuge mit ziel freetown.. würde sagen: wir gehen eher mit ungutem gefühl dem land entgegen. die ersten ausblicke die sich uns eröffnen sind aber super schön und idyllisch in form von schön überbauten vorinseln. weiter rein der stadt zu, siehts dann aber eher schitter aus und unsere vorstellung kommt zurück. das lotsenboot, ein verkleinertes, schrottreifes, ledistyle-schiff mit aussenborder, bringt alle zum lachen.

dann gehts wieder sehr gemächlich an das dock ran. das wasser ist extrem schmutzig, was nicht verwundert mit den slum's am ufer entlang. würde den müll sicher auch ins wasser schmeissen wenn ich da wohnen würde. mitten in den armenvierteln prangert da ein riesen baum mit roten blüten, der kriegt von uns grad das prädikat "love-baum". ich kann den blick irgendwie nicht von der szenerie wenden. die dumpfen farben, dann saftige leuchtende bäume, überall steigen nebelartige rauchschwaden auf, überall leute, ein treiben, baufällige häuser, dann die slums, hinten an den hügeln alles überbaut, am hafen die UN (united nations foodprogram), im hintergrund das stadtzentrum mit hochhäusern, noch weiter hinten die vorher erwähnten "luxus" inseln, weitere hügel und darüber wolkengebilde.. kontrastreich, eindrücklich.. ich weiss nicht warum.. aber irgendwie bin ich einfach fasziniert und doch irgendwie distanziert. die stimmung ist schwer zu beschreiben.. aber fährt mir ein. das ist jetzt dieses freetown vom geo-bericht.. wie ist die lage wohl jetzt im land?

ich les uns noch die daten vom schlauen buch vor wo es da z.b. heisst: ca. 5 millionen einwohner, hauptstadt freetown mit ca. 500'000 leuten, lebenserwartung männer 36 !!! frauen 39!! (unglaublich.. wir wären also schon bald dran!), bevölkerung unter 15 jahren: fast 50%!!, eisenbahnnetz: 84 km ;-), 70% analphabeten, sprache: englisch., immer und immer wieder unruhen, machtwechsel.. eine bewegte geschichte.. also auch schwer zu sagen was grad aktuell ist.

eindrucksgeladen schauen wir uns noch den sonnenuntergang an und sind nach dem znacht schon bald im bett. wir stellen den wecker, nicht für einen landgang, aber um dem treiben vom morgen an zuzuschauen. hier sind wir also.. in dem berüchtigen freetown.. stadt der freien, in sierra leone, afrika.

was heute abgeht, könnte schon fast unter afrikanischer hektik abgebucht werden. wir laufen in conakry ein, wir passagiere natürlich alle wieder runter zur laderampe, damit wir nicht vergessen wie's ist an land zu stehen, wollen wir guniea auskundschaften. aber das war wohl nichts. chief mate sagte ok hurti raus, dann wiederum simone ( der möchtegern chief mate ) no way......???? schlussendlich stellt sich heraus, dass die emigration nicht auf dem schiff war, und wenn die nicht da waren, können sie nicht bestochen werden, und wenn die nicht bestochen werden können, kein landgang, so einfach läuft das in afrika.

ruscheli und ich begnügen uns mit zuschauen was da so alles ein und ausgeladen wird, wie um jedes teil mindestens 10-15 leute drumherum stehen und referieren und wichtig tun müssen, damit es dann zwanzig minuten später doch vom steg transportiert werden kann. unterhaltsam ist es alleweil, und wir fragen uns was die leute so alles auf ihre notizblöcke schreiben, wo doch das land eine analphabeten quote von fast 60% aufweist. irgendwann erhasche ich mal einen blick auf so ein wichtiges dokument.
zahlen, durchgestrichen, zahlen zusammengerechnet (beispiel 17 + 23 ) wieder durchgestrichen obs dann wirklich so wichtig ist wie alle tun bleibt offen.
schon kurz darauf stechen wir wieder in see, richtung freetown noch vor dem mittag sind wir wieder auf offener see, und schiffen gemächlich dahin.

nach dem mittagessen, hauen wir uns aufs sonnendeck, um weiterhin ein bisschen sonne zu tanken ( man weiss ja nie wie schwer der winter in argentinien werden könnte, und ob wir da überhaupt mal sonne zu gesicht bekommen) dann verdrehen wieder alle die köpfe, was ist denn jetzt los?
wir haben unsere
decken möglichst nahe an der reeling ausgebreitet, damit wir auch genügend kühlen fahrtwind abkriegen, und die wasseroberfläche beobachten können
da haben wir erstmal im wasser ganz komische verwehungen beobachtet.
hat ausgesehen wie kleine windhosen die dem relativ flachen wasser manchmal etwas gischt entlocken. das phänomen war überall zu erspähen, und wir wollten das ganze etwas genauer beobachten.

beim näheren betrachten sahen wir, dass es sich bei diesen "windwasserhosen" um schwärme kleiner fische handelte. und weil's so gut tönt, waren das makrelenschwärme.

die fahrt geht weiter, durch ziemlich untiefes wasser, man sieht förmlich die konturen des grundes, und hat das gefühl, die schraube wühle die sedimente auf. allmählich verschlechtert sich jedoch die wasserqualität, es schwimmt plötzlich viel müll im meer, es wird komisch getrübt und ölig, es scheint als ob wir wieder in landnähe kommen. und siehe da, vor uns sind schon wieder die ersten vorgelagerten inseln von sierra leone. mal abgesehen von der wasserqualität, sieht die gegend um freetown recht freundlich, um nicht gleich zu sagen am einladensten aller bisherigen afrikanischen küstenstreifen aus.

der chief mate steht plötzlich schmunzelnd neben uns, und erzählt, dass jetzt dann gleich der pilot mit dem absolut geilsten boot an bord komme. ab diesem zeitpunkt warteten wir noch mindestens eine halbe stunde bis der pilot mit seinem umgebauten truck mit aussenbordermotor endlich bei uns angelangt war. und wirklich sein boot hat den scharm von einer seifenkiste, und zwar von einer, welche schon länger nur noch vom salz im wasser zusammengehalten wird.......
der pilot und sein schnupperstift werden erst mal verköstigt, dann gehts ohne hektik - also um ganz ehrlich zu sein nicht mal wirklich im zeitlupentempo sondern im zeitraffer - richtung pier. auf keinen fall zu schnell, sonst werden die pilots womöglich mit dem riesensandwich, das sie kurz nach ihrer ankunft gekriegt haben, nicht fertig.

das ganze manöver gibt uns genügend zeit, die skyline von freetown zu studieren. neben einigen wracks in strandnähe sowie am strand ( die am strand sind ziemlich besiedelt wohlgemerkt ) bietet die landschaft einige einladende buchten, vorgelagerte inseln welche über brücken mit dem festland verbunden sind, und die stadt selber besteht, abgesehen vom statdkern welcher etwa zwei kilometer vom hafen entfernt ist, aus einigen gemauerten häusern, aber hauptsächlich aus verschlägen in verwinkelten gassen, und vorallem den slums nahe des ufers.

von freetown selber sind wir ein bisschen vorbelastet, haben wir doch mal einen bericht gelesen, wo beschrieben war wie das ganze in dieser stadt läuft........
gangs beherrschen das leben in den gassen, strassensperren an jeder ecke, jeder verlangt irgendeinen weg- oder sicherheitszoll, und bevor gefragt wird, wer woher warum,werde erstmal geschossen. unter diesen umständen haben wir einen landgang hier erst gar nicht ins auge gefasst, und sind darauf eingestellt, dem treiben am und um den hafen vom sicheren deck dreizehn zuzuschauen.

sobald die sonne am untergehen ist, sieht man in den ärmeren vierteln überall rauchschwaden aufziehen, warscheinlich ist nachtessen angesagt, und die meisten kochen mit holz. dementsprechend sehen die hänge rundum die stadt aus. ehemals bewaldet, klaffen heute gewaltige erdwunden, und hene und ich malen uns ein schreckenszenario aus, wenns hier mal so richtig zu regnen anfängt. das zeugs muss jetzt einfach ins rutschen kommen, und die bauten sehen nicht wirklich so aus als ob sie einenm erdrutsch standhalten würden.

für uns wirds auch zeit zum nachtessen zu gehen, und nach einem eindrücklichen sonnenuntergang legen wir uns früh schlafen, um morgen zu schauen wie die nachbarn vom matzmobil - unzählige militär steyers - ausgeladen werden.....

Die Fotos und Videos vom heutigen Tag findest Du in der Fotogalerie!



info@matzmobil.ch