tagebuch juni 2010
colina, fundo santa filomena / chile


el fredel schreibt:

wie bereits vorgewarnt folgen hier keine tagesberichte mehr. jupppiiieee endlich keine sich immer wieder wiederholende storys von: erstmal einen kaffe kochen oder heute den ganzen tag schine geärgert....
nein ab jetzt folgen geschichten die das leben schreibt und deren datum auf das jeweilige geschehen keinen einfluss hat. was sich aber im juni 2010 immer und immer wieder aufgedrängt hat - neben dem allmorgendlichen strecken und recken und anschliessendem kaffekochen - ist die tatsache dass wir eigentlich jeden tag irgendetwas in unserem leben zum ersten mal machen oder erleben. ich bin überzeugt dass einem dies nicht nur während dem reisen oder in den ferien passiert. auch im alltäglichen leben - ja so was ähnliches haben sogar wir hier - ergeben sich unzählige dinge zum ersten mal......

das erste mal...

knetet und chnuschtet ruscheli in unserem heimetli teig. nicht irgendeinen teig, nein es entsteht ein pizza teig. grundsätzlich etwas alltägliches, aber eben in unserem matzmobil leben das erste mal. da merkt man plötzlich, dass unser multifunktioneller tisch - bett, mamolaunch, büro, schreibtisch ect. - zum teigkneten eigentlich gar nicht so perfekt geeignet ist.
unter uns gesagt, wussten wir das ja schon seit längerem. denn jedesmal wenn ich am kaffe trinken war und meine frau just im gleichen moment notizen machen musste, wackelte das teil dermassen, dass man angst haben musste dass die tasse bei jedem apostrof einen dreifachen rittberger mit doppelter schraube rückwärts macht. wohlverstanden beim notizen machen!!!
man stelle sich nun die schüttlerei beim teigkneten oder gar beim pizza teigkneten vor.... die chilenische lösung des problems besteht dann erstmal darin, die arbeitsfläche fluchtartig zu verlassen und sämtliche utensilien zu evakuieren.
natürlich gibts dazu dann auch noch den schweizerischen lösungsansatz. dieser dauert dann halt einfach ein bisschen länger respektive will wohlüberlegt und für die ewigkeit gebaut sein. der tisch muss fixiert werden, soll aber trotzdem noch seine multifunktionalität - plus neu, pizzateig knetfläche - beibehalten. nach reiflicher überlegung, pro und kontra abwägung sowie alle eventualitäten ausschliessenden gedanken bahnt sich eine lösung an welche einer erleuchtung gleichkommt.
eine arretierung muss her. nur was für eine, und woher nehmen und nicht stehlen... ich fahre

das erste mal...

seit wir hier auf dem fundo weilen, alleine in den sodimac. wahnsinn, alleine in den baumarkt fahren!?!? dieses hochgefühl kann man eigentlich nur mit einem bildlichen beispiel erklären. es ist ähnlich wie wenn als zweit- oder drittklässler zum ersten mal alleine, das heisst ohne eltern die einen von jedem interessanten regal wegzerren, in den - anno noch franz karl weber - heute toy s rus fahren darf. man kann jedes regal abscannen, wenn man lust hat, jede schraube genau studieren, lösungsansätze für längst fällige probleme durchspielen, und das in aller ruhe. heisst ohne dass jemand - die ehefrau - ständig neben einem steht und ganz subtil ein gelangweiltes und langezogenes "soooooooo" über die lippen bringt. das hochgefühl beginnt eigentlich schon früher! nämlich genau dann wenn man auf das gelände des baumarktes einfährt. es hat hunderte von parkmöglichkeiten, und man darf sein fahrzeug einfach und kommentarlos dorthin stellen wo einen die männliche intuition hinführt.
am nächsten tag wird dann der plan auch in die tat umgesetzt. unsere multifunktionsplatte im matzmobil erhält eine arretierung die auch einem zentrifungen einsatz standhalten würde. und siehe da, wir erleben ein ungeahntes rüttelfreies erstes nachtessen, können notizen machen und kaffe trinken in einem und müssen uns nichteinmal mehr gedanken machen wenn mal jemand seine beine an die tischkante knallt.

das erste mal...

sehen wir diesen monat auch, dass die südhemisphäre tatsächlich umgekehrt verschieden ist als unsere nördliche heimat. nebel, frost und schnee im juni. quasi dezember dort... natürlich haben wir schon bange auf den grossen schneefall gewartet. wahrscheinlich nicht nur wir. die skigebiete ob santiago wollen am 16. juni die saison eröffnen. obwohl dass zwei wochen vor saisonbeginn noch immer die preise von der letzten saison auf den homepages sind, müsste es eigentlich bald mal losgehen. beim durchstöbern der verschiedenen websites der skigebiete, sind wir mal wieder entsetzt wie teuer das weisse vergnügen hier ist. chf 60.-- für einen tag skifahren in einem gebiet in der ungefähren grösse des hochybrigs - jedoch ohne weglosen abfahrt !!! - ist hier ganz normal. die anfahrt von santiago hoch - inklusive wieder runter - kostet dann auch nochmal eine wenigkeit von chf 20.--! aber wie wir das schon von früheren jahren kennen, wird das schneesport angebot rege genutzt. will heissen, es gibt hier genug leute die sich das skifahren leisten können. das heisst aber noch lange nicht, dass diejenigen die es sich leisten auch skifahren können. einem eidgenössisch diplomierten skilehrer bleibt da eigentlich gar nicht viel anderes übrig als sich diesem klientel anzunehmen und...

das erste mal...

in seinem leben eine spanische visitenkarte zu entwerfen. eigentlich hat ruscheli mir ja angeboten ihre kreativen fähigkeiten für mich walten zu lassen. während ich also versucht habe in ein paar phrasen mein unglaubliches, unübertreffliches, einzigartiges können bescheiden zu beschreiben, hat sich da plötzlich noch ein foto von meinem lieblings skigebiet in der schweiz - der atzmännig mit dem "zürischuss" - eingeschlichen. und siehe da la tarjeta del instructor suizo de esporte de nieve ward kreiert. der erste entwurf wurde vom creative director - ihres namens ruscheli seiler auf der maur - mit einem begeisterten "super" bewertet. nach der anpassung einiger sprachlicher kleinigkeiten wartet die kreation nun auf einem stick um möglichst schnell auf ein paar millionen visitenkarten gedruckt zu werden.
und wie das so ist, mit visualisierungen, wünschen und manifestationen, hat es sich ein paar tage später gleich ergeben, dass ein bekannter aus santiago einen skilehrer anstellen möchte. nun ist natürlich noch die preisfindung und das ganze drum und dran zu eruieren. für einen halben tag ins skigebiet hochfahren hat sich schon bei heinel nicht rentiert, also brauch ich damit hier gar nicht anzufangen. ganztages unterricht zum normalen skischultarif - schliesslich bin ich eidgenössisch diplomierter skilehrer auf allen pisten in südamerika - ab vier tagen werden die preise um 33% günstiger. ab vier tagen kann man nämlich auch schon mal mit dem matzmobil in ein skigebiet fahren und hat somit die unterkunftsfrage schon gelöst.
auf soviel erledigung folgt auch mal ein erholsames wochenende. sonntag mal wieder so richtig gemütlich zmörgelen - ohne rütteln am tisch - und dann...

das erste mal...

seit wir hier sind, die neuen salomöner geschnürt die lekis geschraubt und raus in die hügel. ruscheli bleibt zuhause und yogiert vor sich hin. aber mit trauter einsamkeit ist dann doch nichts zu wollen. wenn immer jemand vom fundo in die hügel zieht sind die hunde dabei. und zwar alle! maja, polla, chocito, therry und nikki rennen hinter, vor, neben und um einen herum. machmal wetzen sie einem hasen nach um kurz darauf wieder mit hängender zunge und hechelnd neben einem herzuspazieren. wie ein spinnennetz sind die ganzen hügel mit trittpfaden durchzogen. praktisch jeder bauer um collina treibt seine rinder kinder, pferde und schafe in die weitläufigen hügel hinter dem fundo. dort bleiben die viecher dann den ganzen sommer durch. eventuell vielleicht werden sie anfang oder mitte winter wieder zum media luna getrieben und aufgeteilt. den weitverzweigten pfaden folgend zieht es uns immer weiter die hügel hoch. nach ein zwei stunden stehe ich auf der, vom fundo am höchsten scheinenden krete. dahinter aber geht es genau gleich weiter. foothills welche immer ein bisschen höher werden bis sie dann im andengürtel auf 4-5-6tausend meter angewachsen sind. so hoch hats mich nicht gezogen. aber schön wars, und einen abgestorbenen kaktus arm hab ich auch noch nach hause geschleppt. aus dem wird morgen eine - hoffentlich - künstlerisch wertvolle lampenkreation entstehen....

das erste mal...

seit wir hier sind, funktioniert nun auch der "vehüeter". und wie der funktioneiert. schier aus den socken gehauen hats mich als ich das band zum testen anfassen musste. für solche mit herzschrittmacher ists nicht zu empfehlen!!!
mit der "vehüeter" geschichte muss ich einmal mehr ein loblied auf die dänen singen. ich habe ja in meinen nunmehr vierzig jährigen lebensgeschichte mit einigen europäischen geschäftsleuten zu tun gehabt. aber so umgänglich und kundenorientiert wie die dänen bringts einfach keiner auf die reihe. nachdem ich also das mail an den dänischen elephant weidezaun produzenten nicht mehr als abgeschickt hatte, klingelte auch schon das telefon. claus hat mich kurz spitz von dänemark aus ferngesteuert, um den fehler des weidezauns zu eruieren. nach zwei minuten war klar, der transformator ist defekt. eigentlich praktisch unmöglich, aber es kann nichts anderes sein. nachdem klar ist wo der fehler liegt, meint claus nur, ich soll ihm unsere adresse schicken, er bringe das ersatzteil gleich morgen auf die post. kostenloser austausch natürlich.
da sollten sich die franklin fritzen mal eine scheibe davon abschneiden. diese reserve troubadouren wollten uns doch noch einen dritten elektronischen übersetzer verkaufen - die ersten zwei littten beide an bildschirmstörungen die das übersetzte bis zur unkenntlichkeit verhyroglifierten - und dies zum beinahe vollpreis.... da warte ich doch lieber bis die dänischen weidezaungeräte auch noch sprachen übersetzen können und kaufe zwei solche geräte!

das erste mal...

kann ich in diesem monat auch eine handakupunktur therapie beginnen. also das erste mal das wirklich ein patient mit einem krankheitsbild zu mir kommt und das ganze auch noch in spanisch besprochen wird. beides nicht ganz einfach. sein krankheitsbild sowie das ganze auch noch auf spanisch. damit es mir dann in dieser angelegenheit nicht allzulangweilig wird, erhalte ich auch noch die möglichkeit gleich nochmal jemanden zu therapieren. eigentlich habe ich beim zweiten schon alles für eine rücken- nieren schmerzen behandlung vorbereitet. als er dann aber eintrifft, ist er gerade mittelschwer erkältet, hustet schnupft und fiebert ein bisschen. also hab ich ins therapeuten trickköfferchen gegriffen und die pathogenen faktoren mit einigen nadeln zu vertreiben versucht. wenn das so weiter geht. müssen wir uns schon bald mal um einen richtigen therapieraum kümmern. nicht dass wir keinen hätten. für diese zwei ersten fälle darf ich in don rene jacks gästeglobular unseren yoga streck und reck raum gebrauchen. dies jedoch nur als ausnahme, weil rene die beiden patienten persönlich kennt. sie werdens ihm auch danken, sollten beide ihre therapie weiterführen wollen. wobei am wollen liegts glaube ich nicht mal so sehr. eher fehlts am willen und an der disziplin...... beide haben nämlich ihren nächsten termin schon verschlampt. und zwar nicht weil sie nach der ersten behandlung schon kerngesund wären - wenn auch, würd mich ja wirklich freuen wenn das so gut klappen würde - es ist auch nicht dass das ganze zu teuer wäre - die erste behandlung ist eh gratis - es ist eher dass beide gesagt haben ja ja nächsten samstag machen wir weiter, und dann ist ihnen irgend etwas dazwischen gekommen.... was ja an und für sich auch nicht so schlimm ist. ausser wenn ich am vortag den termin bestätigt kriege und am nächsten tag dann einfach niemand auftaucht... ohne benachrichtigung und nichts. ruscheli hatte dann die idee, dass ich die leute eventuell informnieren muss, dass ich mich ja auch auf sie vorbereite, den raum umstelle ect. so machen wirs zukünftig auch....

das erste mal...

ist jedesmal anders ungleich verschieden, weil das erste mal jedesmal etwas noch nie dagewesenes bedeutet. die tage sind gespickt von ersten malen. es kann auch erste male geben, welche schon routine sind. aber vielleicht nimmt man etwas zum ersten mal bewusst wahr.
zum beispiel auf dem jakobsweg haben ruscheli und ich beide zum ersten mal bewusst wahrgenommen wie gut eigentlich ein schluck wasser schmeckt. oder wie streng sein eigener körpergeruch sein kann, oder wie gut es tut, mal wieder so richtig ausgiebig zu duschen..... alles sachen wie wir schon unzählige male gemacht und erlebt , aber zum ersten mal bewusst wahrgenommen haben.
ganz ehrlich gäbe es diesen monat noch einige erste male zu erzählen wie zum beispiel:

das erste mal versucht einem pferd eine spritze zu verabreichen = gescheitert
das erste mal im leben den bio bio markt in santiago besucht = von allem ein bisschen
das erste mal ohne fremde hilfe am matzmobil eine spiralfeder gewechselt = gemurkse
das erste mal für pecas auf einer baustelle gearbeitet = viel baustellen chilenisch gelernt
das erste mal chile gegen die schweiz fussballspielen gesehen = schweiz ist draussen chile auch
das erste mal seit wir hier sind, henry getroffen = escuela suiza an eben dieser übertragung
das erste mal alleine zu pecas büro gefahren = und sogar gefunden ich bin stolz auf mich
das erste mal tagebuch in einer speziellen form geschrieben = ich finds recht gut

sollten meine tage dereinst zur absoluten routine verfallen, nehme ich mir vor, jedem tag ein erstes mal irgendetwas zu schenken. einfach zur freude von mir selbst.

nun hat sich ja hier bei uns auch eine art der alltag eingefunden. wir sind nicht am reisen, ich bin am stromern und das baustellen leben ist ja jetzt nicht gerade das, was ich in zwanzig jahren nachlesen will. sicher ist es auch nicht unbedingt sehr spannend - obwohl sicher manchmal sehr lustig - für aussenstehende, "geschichten welche die baustelle schreibt" zu lesen.
so wird es kommen dass ab nächsten monat an dieser stelle - wenn überhaupt - dann nur noch ein paar notizen und ganz aussergewöhnliche sachen geschreieben werden. über die fehlenden worte sollen ruschelis fotos und die dazugehörenden texte hinwegtrösten....

geschichten die der juni schrieb

die fotos findest du in der fotogalerie!



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